Narkose gegen Panik

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Morgen beginnt die Tagesklinik. Ich bin nervös. Jedoch: Auch so erschöpft, dass ich nicht mehr viel Energie aufwenden kann, um wirklich panisch zu werden. Das war ich nämlich in den vergangenen Tagen schon. Und zwar ohne Unterlass. Genau genommen wegen meiner Zahn-OP in Narkose. Am Tag zuvor hatte ich ernsthaft gedacht, schlimmer kann nichts auf der Welt mehr werden. Ich habe kein bisschen schlafen können, und schon gar nichts essen. Aber hey, ich hab’s durchgezogen! 🙂

Schon immer hatte ich unglaubliche Angst vor Zahnbehandlungen. Zu unberechenbar sind sie, zu schmerzhaft, zu nah kommen die Ärzte, zu wenig Fluchtmöglichkeiten sind vorhanden. Ich habe in solchen Momenten keine Chance, der Situation einfach zu entfliehen. Muss mich ergeben. Etwas mit mir tun lassen, das ich nicht will.
Und deshalb gab es diesmal, nachdem sich die angefangene Wurzelbehandlung bereits seit etwa einem Jahr hinzog und der Zahn nicht mehr zu retten war, nur eine Option: Narkose. Diese über sich ergehen zu lassen war zwar auch nicht leicht, aber doch leichter, als während der Behandlung bei Bewusstsein zu sein.

Vielleicht ist es für den einen oder anderen Angstpatienten hilfreich, zu erfahren, dass es durchaus die Möglichkeit gibt, Zahn-Behandlungen in Narkose durchführen zu lassen – und dass diese in der Regel auch von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Alles was ihr dafür braucht, ist eine entsprechende Bescheinigung. Bei mir hat sie der Psychiater ausgestellt; es reicht aber ebenso aus, wenn dies der Hausarzt tut.

Ich zumindest bin froh, das Ganze nun endlich zum Abschluss gebracht zu haben, und außerdem ist das Aufwachen einfach herrlich … Das könnte ich täglich haben, bitte. 😉 Alles ist weich und warm und wunderwunderschön. Als gäbe es keine Sorgen auf der Welt.

Die kommen erst später wieder, nach einigen Stunden, wenn die Benommenheit nachlässt und der Verstand sich wieder einmischt.

 

Welch ein Geschenk

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Unwirklich ist es, mein Leben. Seit einigen Monaten schon. Ich sehe immer weniger klar, während mir die Zeit davonläuft. Sollte ich nicht langsam rehabilitiert sein, wieder arbeitsfähig, wieder funktionstüchtig? Schließlich wartet meine Arbeitsstelle noch immer auf mich. Alles scheint so weit weg, heute, nach fast sechs Monaten.

Es wartet so vieles auf mich … All das, was ich gerne tat, tue ich derzeit kaum noch. All das was Gewohnheit war, ist es nicht mehr. Es ist nicht einmal etwas Neues an die Stelle der alten Beschäftigungen getreten. Ich habe immerzu so wenig Energie.

Und doch – es gibt auch Wunderbares. Manches ist selbst in dieser schwierigen Zeit so wunderbar, dass ich es gar nicht greifen kann. Wunderbar ist zum Beispiel, dass mein Lieblingsmensch mir täglich sagt, wie lieb er mich hat. Ganz gleich wie gut oder schlecht ich den Tag managen kann, ob ich wieder einmal in Panik verfalle oder wir alle Pläne umwerfen müssen, weil ich mich nicht in der Lage sehe, sie durchzuführen. Er hat mich einfach immer lieb. Und ich merke, dass er es auch wirklich so meint. Er hat mich lieb und erwartet nichts. Er hat mich lieb, auch wenn ich ihm unter Tränen versuche zu erklären, dass ich es doch eigentlich gar nicht verdient hätte. Er hat mich einfach immer lieb. „All das Schwierige, es sind nur Wellen auf der Oberfläche“, sagte er heute, als ich wieder einmal versuchte zu begreifen, warum, „und darunter ist es immer still, darunter ist so viel Liebevolles. Und deshalb werd‘ ich dich immer lieb haben.“ Welch ein Geschenk.

 

 

 

Aus einem Brief: Panikzustände

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„Es ist fast immer böse, schlimm, selten freundlich. „Freundlich“ und wunderschön gibt es auch, aber das ist nicht oft der Fall. Es ist nicht notwendigerweise ein „Etwas“, es sind im Prinzip Energien, die Form und Gestalt annehmen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass etwas im Haus ist, manchmal sind da dunkle, beseelte Schatten, die sich in den schlecht beleuchteten Ecken verstecken. Überhaupt verändert sich die Wahrnehmung in solchen Momenten ausnahmslos immer insofern, dass Dinge auf einmal beseelt sind, ganz so als würden sie leben, als hätten sie ein Eigenleben. Sie bewegen sich nicht, und doch sind sie nicht mehr länger einfach nur leblose Materie. Das ist manchmal ganz schön unheimlich, weil die meisten Dinge in solchen Momenten eben auch tendenziell eher böse, angsteinflößend sind. Sie erschrecken mich.
Es ist nicht immer gleich … manchmal habe ich auch das Gefühl, von etwas vereinnahmt zu werden. Als käme etwas über mich und ich würde es nicht mehr los.
Gelegentlich sind halt auch schöne Veränderungen dabei, so wie gestern, weißt du, da dachte ich, oh wie besonders ist es! Denn der Treppenaufgang wandelte sich energetisch für einen kleinen Moment in eine wunderbar geschwungene, alte Treppe, wie sie in Herrenhäusern manchmal zu finden ist. Das war toll.
Die eigentliche Realität verschwimmt und es tritt eine andere zutage, sie legt sich über sie, beide sind existent, es gibt auf einmal so viel mehr zu erfahren, aber leider weiß ich manchmal nicht mehr, welche Realität stimmt, ich kann sie immer schlechter auseinander halten. Das ist seltsam.
Vielleicht nehme ich in solchen Momenten mehr wahr als für gewöhnlich. Dinge aus anderen Realitätsebenen. Solche, die – zumindest bzw. vielleicht potenziell – ohnehin existent sind, die wir meist nur nicht wahrnehmen können – ich denke so etwas in der Richtung wird es sein. Oh, wir Menschen, wir sind so ahnungslos, nicht wahr? Können so wenig erklären, so wenig greifen.“

Ich schrieb dies vor einigen Tagen – und stelle fest, dass diese Zustände sich häufen. Mit meiner Psychologen sprach ich bisher nicht darüber – irgendwie ist mir das unangenehm. Weil ich es nicht einzuordnen weiß. Panik über Tag, in der Stadt, beim Einkaufen, das kenne ich. Aber Panik und die Veränderung der Realität in dieser Häufigkeit und Intensität, und dann vor allem abends, wenn ich doch eigentlich in Sicherheit bin, mich sicher fühlen kann und sollte – das hatte ich schon jahrelang nicht mehr. Inzwischen traue ich mich fast gar nicht mehr, in Entspannungszustände zu gelangen. Denn dann passiert es am häufigsten.

Wenn es nur nicht so angsteinflößend wäre …

Momentaufnahme(n)

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Heute Morgen: fast verschlafen. [Anstatt der bisherigen pflanzlichen Schlafhilfen nehme ich seit kurzem CBD-Tinktur – bisher bin ich sehr begeistert, und auf einmal neige ich sogar dazu, zu verschlafen, na wenn das kein Erfolg ist – über CBD-Tinktur/Öl möchte ich beizeiten noch mal gesondert schreiben.]

Dann, im Bus: Ich höre mir Mantras von Deva Premal an, um die Fahrt erträglicher zu machen. [Seit meinem Burnout fahre ich kein Auto mehr. Ich mag das Busfahren zwar nicht – in Bussen gibt es viel zu viele Menschen – aber derzeit ist es die einzige Möglichkeit.]

Anschließend, beim Neurologen: Ich erfahre, dass er heute erst eine Stunde später im Haus ist. Panik macht sich breit. Wo soll ich nur hin, wie soll ich die kommenden sechzig Minuten überstehen, mitten in der Stadt, ohne Schutzraum? [Auf die Idee, mich einfach ins Wartezimmer zu setzen, komme ich aufgrund der Panik nicht. Du liebes Bisschen.]

Kurz darauf, im Stehcafé um die Ecke: Es ist schwierig. Handwerker kommen, um ihren Morgenkaffee zu trinken. Und ich mittendrin. Möchte raus, weg, sehne mich nach Sicherheit, alles ist zu nah, zu viel, Panik steigt auf, ich will rennen, ich bleibe – wie erstarrt. Ich will durchhalten. Will das schaffen. Nicht abbrechen. Nicht abbrechen. Ich kann das.

Eineinhalb Stunden später: Es ist geschafft. Ich sitze im Bus, fahre heim, eine halbe Stunde über Land, zurück in sichere Gefilde. Erleichterung macht sich breit. Ich habs geschafft. Nicht problemlos, aber hey, ich habs geschafft. 🙂